Ausführlichere Biographie

Ich wurde am 8. Januar 1954 im Entbindungsheim (Maternité) von Ettelbrück geboren. Mein Elternhaus steht in Heiderscheid, auf den Höhen der Pforte zum Ösling. Während der Nazi-Besatzung arbeitete mein Vater für die Résistance. Nach dem Krieg arbeitete er als Arbeiter bei Good Year und später als Fahrer bei einem Bauunternehmer im Nachbardorf., bis zu einem Arbeitsunfall, der ihn zum Frührentner machte. Meine Mutter kümmerte sich mit dem sehr niedrien Einkommen meines Vaters um den Haushalt und die Erziehung der vier Söhne.

Nach einer glücklichen Zeit als Kleinkind im Dorf und i der Naur, besuchte ich von September 1960 bis Juli 1966 die Grundschule in Heiderscheid (ein Klassenraum mit einem Lehrer, Herrn Pol Hoffmann, für 6 bis 7 Klassen). Danach besuchte ich mit zwei Wiederholungsjahren erfolglos das klassische Gymnasium in Diekirch (1966/67 und 1967/68) – dabei handelte es sich um einen typischen Fall von „Klassismus“, d. h. Diskriminierung und Ausschluss auf Grund von Herkunft und sozialem Status. Im September 1968 wurde ich in die Berufsschule in Ettelbrück versetzt, von wo aus ich im September 1970 bis 1974 an der École professionnelle du Centre, dem ersten Technischen Lyzeum, in Luxemburg-Stadt, Abteilung Chemie (Ausbildung von aides-chimistes und Chemotechnikern) wechselte. Dort begann ich mich politisch zu engagieren.

Eine bewegte Jugend

Demo zur Befreiung der politischen Gefankenen aus den Gefängnissen des spanischen faschistischen Generals Franco (wahrscheinlich 1974).

Seit meinem 17. Lebensjahr (1971) war ich bei zahlreichen Mobilisierungen und in unterschiedlichen sozialen Bewegungen aktiv: Gegen die Atomkraft (Cattenom, Tschernobyl), gegen den Putsch von Pinochet in Chile (1973), in Solidarität mit der portugiesischen Revolution (1975), für die Verteidigung der Immigranten, bei den europäischen Märschen gegen die Arbeitslosigkeit, in Solidarität mit den englischen Bergarbeitern und ihrer heldenhaften Gewerkschaft NUM, bei antirassistischen und feministischen Mobilisierungen, den Mobilisierungen der Antiglobalisierungsbewegung und der Sozialforen und vielen anderen gewerkschaftlichen und sozialen Kämpfen. Die meisten dieser Mobilisierungen und Solidaritätskämpfe waren mit der Gründung und der Mitarbeit in Ad-hoc-Solidaritätsstrukturen verbunden. Meine Aktivitäten und mein Engagement wurden während dieser ganzen Zeit vom SREL, dem luxemburgischen Geheim- und Spitzeldienst, verfolgt und beobachtet (siehe meinen Artikel zu diesem Thema vom 5. April 2013). Diese Phase solidarischer Praxis brachte mir eine zweite Sozialisierung, die mein ganzes Handeln und Leben prägte. Dazu gehörte auch das Leben in Wohngemeinschaften, u.a. mit den revolutionären Aktivisten Gast und André Kremer.

Berufliche Aktivitäten

Vom 8. Juli 1974 bis zum 2. Januar 1977, arbeitete ich 3 Jahre lang als Chemiker bei Tréfil-Arbed Bettembourg, wo ich zusammen mit Clément, Jeannot und anderen Revoltierten eine LAV-Abteilung aufbaute, die es vorher nicht gab. Dabei konnte ich erste wichtige Erfahungen mit Gewerkschaftsarbei machen.

Am 1. März 1978 bin ich in den Dienst der Stadt Luxemburg getreten, zunächst als Beamter in der Laufbahn des Expéditionnaire und nach einem Laufbahnwechsel als Redakteur. In der Gemeindeverwaltung der Stadt Luxemburg war ich gewerkschaftlich sehr aktiv im Sektor Öffentlicher Dienst des Landesverbandes FNCTTFEL, zu dessen Vorsitzenden ich 1991 gewählt wurde. Von 2006 bis 2017 war ich Vizepräsident des FNCTTFEL-Landesverbandes. Seit 2002 bin ich gewähltes Mitglied der Personalvertretung der Beamten und Angestellten der Stadt Luxemburg, wo ich nach den Sozialwahlen 2007 die Aufgabe des Sekretärs übernommen habe. Mein Statut als Beamter der Stadt Luxemburg und somit auch als Personalvertreter endete am 12. Dezember 2011, dem Tag, an dem ich mein Mandat als gewähltes Mitglied von ‚déi Lénk‘ im Gemeinderat der Stadt Luxemburg antrat und deshalb mein Statut als Beamter derselben Gemeinde „von Amts wegen“ aufgeben musste. Ab dem 13. Dezember 2011 wechselte ich als Gemeindebeamter zur Gemeinde Contern, und zwar bis zum 13. November 2013, dem Tag meiner Vereidigung als Abgeordneter.

Politisches Engagement

Als Abgeorneter im Luxemburger Parlament (2013-2015)

Schon immer ein Rebell, begann mein langes politisches Engagement als marxistisch-revolutionärer Aktivist 1972 mit meinem Beitritt zur ‚Schülerfront‘ und zur LCR (Ligue communiste révolutionnaire), der jungen Sektion der Vierten Internationale in Luxemburg und die 1981, auf Grund einer Umorientierung, zur RSP (Revolutionär-Sozialistischen Partei) wurde.

1999 war ich einer der Initiatoren einer alternativen linken Gruppierung und Gründungsmitglied von „déi Lénk“.

Am 9. Oktober 2011 wurde ich in den Gemeinderat der Stadt Luxemburg gewählt.  Zwei Jahre später, am 20. Oktober 2013 wurde ich auf der Liste von „déi Lénk“ im Wahlbezirk Zentrum in die Abgeordnetenkammer gewählt, gleichzeitig wurde Serge Urbany im Wahlbezirk Süd gewählt. Im November 2013 habe ich meine Arbeit als Abgeordneter begonnen; Ende November 2013 bin ich aus dem Gemeinderat der Stadt Luxemburg zurückgetreten, um mich voll und ganz der parlamentarischen Arbeit widmen zu können.

Abbruch durch Krankheit

Zögerliches Anerkennen meiner Krankheit …

Aufgrund eines schnellen und starken Gedächtnisverlustes und um das Schlimmste zu verhindern, empfahlen mir die Ärzte bereits 2011 sofort alle beruflichen und politischen Aktivitäten einzustellen. Dem bin ich allerdings nur bedingt nachgekommen und habe das Mandat als Gemeinderat im Oktober 2011 und auch das Mandat als Abgeordneter im Oktober 2013 dennoch – trotz aller gesundheitlichen Schwierigkeiten – wahrgenommen. Erst nach langen Qualen und einer Rücken-OP an Sylvester 2014 erkannte ich, dass meine Kräfte es mir endgültig nicht erlaubten das Mandat des Abgeordneten so auszuüben und die damit verbundene Arbeit so durchzuführen, wie ich es für notwendig empfand. Erst im April 2015, nach 18 Monaten intensiver Arbeit als Abgeordneter, habe ich mein Mandat niederzulegt; David Wagner wurde mein Nachfolger als Abgeordneter von „déi Lénk“ im Wahlkreis Zentrum. 

Monate später diagnostizierte ein Arzt, Spezialist für Umweltmedizin, eine Borreliose (Lyme-Krankheit) als tiefere Ursache meiner gesundheitlichen Probleme. Nach einem halben Jahr Behandlung stellten sich erste Verbesserungen ein und nach einem Jahr intensiver Behandlung fühlte ich mich weitgehend wieder gesund.

Genesung und Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

Da ich meine früheren militanten und politischen Aktivitäten nicht auf dieselbe Art fortsetzen wollte, habe ich mich 2018 an der Universität Hamburg für ein Studium der Sozialökonomie eingeschrieben. Im Jahr 2022 habe ich dort meinen Bachelor (Bachelor of Art in „Sozialökonomie“) abgeschlossen. Derzeit befinde ich mich im Masterstudium in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Master of Art „Arbeit, Wirtschaft, Gesellschaft – Ökonomische und Soziologische Studien“) und gedenke dieses demnächst abzuschließen. Im Rahmen meines Studiums engagiere ich mich zudem bei den Pluralen Ökonomen an der Universität Hamburg, so wie bei verschiedenen studentischen Aktivitäten und in der Solidarität mit dem ukrainischen Volk und Gewerkschaften.

Zuhören, Beobachten, Nachdenken, …

Seit 1986 lebe ich in zusammen mit meiner Partnerin Sylvie B., einer sehr engagierten Vorschullehrerin, die seit 2007 ihre Pensionierung genießt. Wir haben am 4. Oktober 2001 geheiratet. Wir lieben Wanderungen, die Natur, Reisen (vor allem in die Schweizer Alpen und Hamburg), Literatur, uns und vor allem auch unsere drei Kinder und vier Enkelkinder.

Wer mich kontaktieren will, schickt mir bitte eine E-Mail an turpelju[at]pt.lu oder füllt das Kontaktformular aus.