Parlamentartische Anfrage Nr. 606 an den Staatsminister, die Ministerin für Kultur, den Minister für Wirtschaft und den Minister für Arbeit:
RTL Radio- und Telé-Lëtzebuerg teilten gestern mit, dass das Arbed-Gebäude an der Freiheitsavenue, das ArcelorMittal ab Januar 2013 aus Kostengründen „eingemottet“ hatte, demnächst von der Bank of China, zu einem Verkaufspreis von 100 Millionen € übernommen werden soll.
Wenn man bedenkt,
- dass dieses Gebäude in den Jahren 1920 bis 1922 auf dem Plateau Bourbon als Geschäftssitz des Stahlproduzenten Arbed errichtet worden war, von 1940 bis 1945 als Sitz der Zivilverwaltung von Gauleiter Gustav Simon genutzt wurde (wobei die Freiheitsavenue während der Okkupation zur Adolf-Hitlerstraße umbenannte worden war), dann als Sitz von Arcelor und schließlich ArcelorMittal diente und das zudem alljährlich als Kulisse für die Militärparade anlässlich des Nationalfeiertages genutzt wird;
- dass das ehemalige Arbed-Gebäude – im Rahmen der Urbanisierung des Plateau Bourbon – Bestandteil eines gesamten architektonischen Ensembles zur Verbindung der Oberstadt mit dem Bahnhofsviertel war;
- dass die betreffenden Parzellen „ein Filetstück in der Mitte des Plateau Bourbon“ darstellten (ons Stad, Nr. 95-2010, Seite 25) auf dem ein Museumsbau geplant war;
- dass diese dann aber der Arbed zur Verfügung gestellt wurden um dort ihren Sitz zu errichten; dass es sich dabei um einen „palastartigen Bau in der historischen Tradition französischer Schlösser des 17. und 18. Jahrhunderts (Tradition des „Louis-XIV“-Baustils mit Stilelementen des 18. Jahrhunderts) handelt, der „die Position des Industriekonzerns Anfang der zwanziger Jahre auf dem internationalen Markt“ versinnbildlichte (Roger Seimetz, Städten grenzüberschreitende Erinnerung, www.memotransfront.uni-saarland.de);
- dass das Gebäude, das von Sosthène Weis als Bauleiter errichtet und von René Rozet als Künstler mitgestaltet wurde, außerdem eine reiche Innenarchitektur, Ornamente und Gemälde mit mannigfaltiger Symbolik über Schmelzarbeiter, Eisenschmelzer birgt;
so muss man zwangsläufig schlussfolgern, dass es sich beim Arbed-Gebäude an der Freiheitsavenue aus historischer Sicht um ein sozial und kulturell wichtiges Bauwerk handelt, das ja auch aus diesem Grunde, wenn auch verspätet, unter Denkmalschutz gestellt wurde.
In diesem Zusammenhang möchte ich von der Ministerin für Kultur, vom Minister für Wirtschaft, vom Minister für Arbeit und letztendlich vom Staatsminister wissen:
1) Wäre es nicht angebracht, dafür zu sorgen, dass dieses historisch, sozial und wirtschaftlich wichtige Gebäude vom luxemburgischen Staat übernommen wird?
2) Wäre es nicht angebracht, unter Berücksichtigung aller Zuwendungen und Opfer, die während eines ganzen Jahrhunderts für die Stahlbarone aufgebracht wurde, dieses historisch und kulturell wichtige Gebäude zu einem symbolischen Preis zu übernehmen?
3) Wäre es nicht angebracht anschließend in diesem Gebäude, dessen Gelände ursprünglich für ein Museum vorgesehen war, eine entsprechende öffentlich-rechtliche Einrichtung oder vorzugsweise, nach entsprechendem Umbau, die hiesige Volksvertretung, das Parlament, dort anzusiedeln?
Hochachtungsvoll,
Justin Turpel,
Abgeordneter